Entlasten oder nicht: Was passiert, wenn die Hausverwaltung nicht entlastet wird?

Entlasten oder nicht: Was passiert, wenn die Hausverwaltung nicht entlastet wird?

Bei Wohnungseigentümergemeinschaften findet alljährlich die ordentliche Eigentümerversammlung statt. Dort erfolgen zunächst die Berichtedes WEG-Verwalters und eines etwaig vorhandenen Verwaltungsbeirats zum abgelaufenen Wirtschaftsjahr sowie die Beschlussfassung über die sich dazu auf Grundlage der Jahresgesamtabrechnung ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge. Anschließend wird häufig darüber beschlossen, ob der Verwalter für diesen Zeitraum entlastet wird oder nicht. Doch welche Folgen hat es, wenn die Hausverwaltung nicht entlastetwird? Und hat der Verwalter überhaupt einen Anspruch darauf, dass er entlastet wird? Die Antworten auf diese Fragen finden Sie in diesem Artikel.

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1. Das bedeutet die „Entlastung des Verwalters“

Mit der Entlastung billigen die Wohnungseigentümer die Tätigkeit des Verwalters in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für den im Entlastungsbeschluss genannten Zeitraum. Zugleich ist Verwalter von der Pflicht zur weiteren Erklärung über Vorgänge, die bei der Beschlussfassung bekannt oder für die Eigentümergemeinschaft bei Anwendung zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren, befreit. Dabei stellt die Entlastung rechtlich ein negatives Schuldanerkenntnis gegenüber dem Verwalter nach § 397 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) dar, das grundsätzlich jegliche – nicht aus einer Straftat herrührende – Schadenersatzansprüche und andere konkurrierende Ansprüche wegen solcher Vorgänge ausschließt, die die Wohnungseigentümer bei gehöriger, zumutbarer Sorgfalt mindestens hätten erkennen können (Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 17.07.2003, Az.: V ZB 11/03; Landgericht (LG) Krefeld, Urteil vom 03.05.2017, Az.: 7 O 20/16). Mit der Entlastung verzichten die Wohnungseigentümer also für den im Beschluss genannten Zeitraum auf Ansprüche gegen den Verwalter für etwaige von ihm begangene Fehler, die zu einem finanziellen Schaden geführt haben.

Die Entlastung betrifft allein die gemeinschaftlichen und durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geltend zu machenden Ansprüche, nicht aber die individuellen Ansprüche von einzelnen Eigentümern, die im Zusammenhang mit deren Sondereigentum (Eigentumswohnungen). Zudem kann die Entlastung nur für die Verwaltertätigkeit in der Vergangenheit, nicht aber für künftiges Handeln erteilt werden.

Für strafbare Handlungen kann der Verwalter nicht entlastet werden, auch nicht, wenn diese den Wohnungseigentümern bei der Beschlussfassung bekannt waren (Oberlandesgericht (OLG) Celle, Beschluss vom 02.02.1983, Az.: 4 W 196/82).

2. Wann ein Anspruch des Verwalters auf Entlastung besteht – und wann nicht

Für die Entlastung des Verwalters gibt es keine gesetzliche Regelung. Ein solcher Anspruch kann jedoch bestehen aufgrund auf Grund des Inhaltes

  • der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung
  • einer späteren Vereinbarung der Wohnungseigentümer oder
  • des Verwaltervertrags

Ist das nicht der Fall, kann der Verwalter keine Entlastung verlangen.

3. Das sind die Folgen, wenn der Verwalter nicht entlastet wird

Zu unterscheiden ist, ob der Verwalter einen Anspruch auf Entlastung hat oder nicht.

3.1. Anspruch des Verwalters auf Entlastung

Hat der Verwalter einen Anspruch auf Entlastung und wird ihm diese nicht erteilt, kann er zum einen sein Amt niederlegen. Stellt die fehlende Entlastung insoweit einen wichtigen Grund für den Verwalter dar, dass diesem unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben eine weitere Zusammenarbeit mit der Eigentümergemeinschaft nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere das erforderliche Vertrauensverhältnis fehlt, und erfolgt die Niederlegung nicht zur Unzeit, also wenn wichtige Verwaltungsaufgaben anstehen, bestehen seitens der Eigentümergemeinschaft gegen den Verwalter auch keine Schadensersatzansprüche wegen der Amtsniederlegung.

Zum anderen hat der Verwalter die Möglichkeit, die Eigentümergemeinschaft darauf zu verklagen, dass diese zur Erteilung der Entlastungverpflichtet ist.

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3.2. Kein Anspruch des Verwalters auf Entlastung

Besteht dagegen kein Anspruch des Verwalters auf Entlastung und wird ihm auch keine Entlastung erteilt, hat das keine unmittelbaren Folgen. Will die Eigentümergemeinschaft angebliche Ansprüche gegen den Verwalter durchsetzen, muss sie diese notfalls einklagen. Allein die nicht erteilte Entlastung oder ein Negativbeschluss in Form einer abgelehnten Entlastung führen nicht automatisch dazu, dass eine Haftung des Verwalters ausgelöst wird. Manche Hausverwaltung verzichtet daher darauf, eine Beschlussfassung über die Verwalterentlastung in die Tagesordnung aufzunehmen. 

Allerdings kann der Verwalter bei einer fehlenden Entlastung auch weiterhin für seine in der Vergangenheit liegenden Handlungen auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, soweit diese nicht verjährt sind. Daher bleibt der Verwalter insoweit auch verpflichtet, vergangene Vorgänge zu erklären oder darüber Auskunft zu erteilen, insbesondere auch über vergangene Abrechnungsperioden. Dabei ist die Eigentümergemeinschaft ohnehin nach § 18 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verpflichtet, jedem einzelnen Wohnungseigentümer durch den Verwalter als ihrem Ausführungsorgan Einsicht in die Verwaltungsunterlagen zu gewähren.

Ferner besteht die Möglichkeit, dass die Eigentümergemeinschaft den Verwaltervertrag für in der Vergangenheit liegende Vorgänge aus wichtigem Grund außerordentlich (fristlos) kündigt. Während die Abberufung des Verwalters jederzeit grundlos möglich ist, § 26 Abs. 3 Satz 1 WEG, erfordert eine fristlose Kündigung des Verwaltervertrags einen wichtigen Grund, wie etwa gegen die Eigentümergemeinschaft gerichtete Straftaten oder erhebliche Pflichtverletzungen des Verwalters. Liegt kein wichtiger Grund vor, endet der Verwaltervertrag sechs Monate nach der Abberufung des Verwalters, § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG, soweit keine fristgerechte Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist oder der Verwaltervertrag nicht an den Bestellungszeitraum gekoppelt ist. Bis zur Beendigung des Vertrags stehen dem Verwalter dann weiterhin Vergütungsansprüche zu.

Wurde der Verwalter entlastet, kann der Verwaltervertrag für solche in der Vergangenheit liegende Vorgänge aus wichtigem Grund nicht fristlos gekündigt werden, die vom Entlastungsbeschluss umfasst sind. Wurde der Verwalter allerdings nicht entlastet, kann er auch weiterhin für in der Vergangenheit liegende Vorgänge aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden mit der Folge, dass sofort seine Vergütungsansprüche entfallen.

Wurde die Entlastung des Verwalters beschlossen, kann der Entlastungsbeschluss angefochten werden. Dabei widerspricht der Entlastungsbeschluss bereits dann dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn

Ansprüche der Wohnungseigentümer gegen den Verwalter in Betracht kommen (BGH, Beschluss vom 17.07.2003, Az.: V ZB 11/03). Es müssen also keine Ansprüche feststehen, sondern es genügt, dass diese möglich sind.

4. Beschluss über Nachschüsse auf Grundlage der Jahresabrechnung: Zugleich Entlastung des Verwalters?

 Vor dem Inkrafttreten der WEG-Reform am 01.12.2020 tauchte immer wieder die Frage auf, ob eine Beschlussfassung über die Jahresabrechnung zugleich eine konkludente (durch schlüssiges Handeln) Erklärung über die Entlastung des Verwalters enthielt. Dazu hatte der BGH ausgeführt, dass mit der Beschlussfassung über die Genehmigung der Jahresabrechnung gerade keine konkludente Entlastung des Verwalters verbunden sei. Bei einer inhaltlich korrekten Jahresabrechnung könne nicht unterstellt werden, dass die Wohnungseigentümer auf Ansprüche gegen den Verwalter wegen etwaiger unberechtigter Ausgaben wollten (BGH, Urteil vom 13.05.2011, Az.: V ZR 202/10). Das gilt nun auch weiterhin nach dem Inkrafttreten der WEG-Reform für die Beschlussfassung über die Festsetzung der Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge über den Wirtschaftsplan nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG.

5. Ungeklärt: Wiederbestellung zugleich Entlastung des Verwalters

Nicht geklärt ist, ob die Wiederbestellung des Verwalters wie eine Entlastung für die Vergangenheit wirkt. Einerseits wurde das abgelehnt, wenn der Verwalter trotz eines fehlerhaften Handels im Einzelfall wiederbestellt wurde (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 23.09.1996, Az.: 3 Wx 47/96). Anderseits soll das der Fall sein, wenn die Wohnungseigentümer die festgesetzten Nachschüsse bzw. Anpassungsbeträge vorbehaltlos genehmigt haben und den Verwalter für eine Amtsperiode von weiteren fünf Jahren unter Verlängerung des Verwaltervertrags wiederbestellt haben (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 09.11.2001, Az.: 3 Wx 13/01).


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