Häufige Beschlussfehler in der Eigentümerversammlung

Häufige Beschlussfehler in der Eigentümerversammlung

Auf manchen Wohnungseigentümerversammlungen geht es hoch her. Über bestimmte Tagesordnungspunkte wird kontrovers diskutiert und häufig bestehen zwei verschiedene Lager, von denen die eine Seite den Tagesordnungspunkt (TOP) beschließen möchte, während die andere Seite strikt dagegen ist. Ergeht dann ein zustimmender Beschluss oder wird der Beschlussantrag abgelehnt (Negativbeschluss), prüft die mit ihrem Ansinnen unterlegene Seite regelmäßig, inwieweit der Beschlussfehlerhaft ist und daher angefochten werden kann. Dabei finden sich in der Tat oft erfolgversprechende Angriffspunkte. In diesem Artikel erfahren Sie, was für häufige Beschlussfehler in der Eigentümerversammlung auftreten können.

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1. Fehlerhafte Beschlüsse sind regelmäßig anfechtbar, in seltenen Fällen nichtig

Für die Anfechtung von Beschlüssen gilt der Grundsatz, dass auch ein rechtswidriger Beschluss wirksam ist, sofern er nicht fristgemäß angefochtenwird. Fristgemäß bedeutet, dass die Anfechtung des Beschlusses innerhalb eines Monats seit der Beschlussfassung gerichtlich geltend gemacht werden muss, § 46 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Dabei beginnt die Monatsfrist mit dem Datum der Beschlussfassung, also der dem Beschluss zugrundeliegenden Wohnungseigentümerversammlung. Für die Einhaltung der Frist ist der Eingang der Anfechtungsschrift bei Gericht maßgeblich.

Stellt das Gericht die Rechtswidrigkeit des Beschlusses fest, wird dieser für ungültig erklärt und aufgehoben. Nur bei einer solchen Feststellung und Aufhebung durch das Gericht können sich Eigentümer auf die Ungültigkeit des fehlerhaften Beschlusses berufen, § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG. Nach Ablauf der Monatsfrist haben die Eigentümer keine Möglichkeit mehr, die Fehlerhaftigkeit des Beschlusses anzugreifen. Das gilt ebenso für Negativbeschlüsse, also Beschlüsse, mit denen ein bestimmter Beschlussantrag durch die Mehrheit der Wohnungseigentümer abgelehnt wird.

Fehlerhafte und damit rechtswidrige Beschlüsse sind regelmäßig anfechtbar. Nur in seltenen Fällen, etwa bei besonders erheblichen Beschlussfehlern, liegt eine Nichtigkeit des Beschlusses oder ein sogenannter Nichtbeschluss vor. Folge daraus ist, dass der rechtswidrige Beschluss von vornherein unwirksam ist.

2. Beschlussfehler: So erfolgt die Unterscheidung von Verfahrensfehlern und materiellen Fehlern

Häufige Beschlussfehler in der Eigentümerversammlung lassen sich in Verfahrensfehler (formell-rechtliche Fehler) und in materiell-rechtliche Fehler unterscheiden. Verfahrensfehler betreffen das Verfahren der Beschlussfassung, also den Weg von der Einberufung zur Eigentümerversammlung bis zur Stimmabgabe. Dagegen handelt es sich bei den materiellen Fehlern um den Inhalt des Beschlusses. Dazu gehören etwa Fragen über die Angemessenheit des Preises bei der Beauftragung eines Handwerkers mit Instandsetzungsarbeiten oder ganz allgemein Verstöße gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung.

Zudem haben Verfahrensfehler und materielle Fehler regelmäßig verschiedene Rechtsfolgen. Bei Verfahrensfehlern hebt das Gericht den Beschluss nicht auf, wenn

  • der Beschlussfehler sich nicht auf das Ergebnis ausgewirkt hat und
  • feststeht, dass der Beschluss auch ohne den Verfahrensfehler mit demselben Inhalt gefasst worden wäre

Dagegen führen materielle Fehler bei der Beschlussfassung regelmäßig zur gerichtlichen Aufhebung des Beschlusses, sofern das Gericht nicht sogar die Nichtigkeit des Beschlusses feststellt.

3. Welche typischen Beschlussfehler im Verfahren möglich sind

Typische Verfahrensfehler bei der Beschlussfassung liegen in folgenden Fällen vor:

  • Fehler bei der Einladung zur Eigentümerversammlung, wie der etwa nicht oder nicht hinreichend konkret bezeichnete Beschlussgegenstand nach § 23 Abs. 2 WEG, die vorsätzlich unterbliebene Versendung der Einladung an einzelne Eigentümer, Fehlen der in § 24 Abs. 4 Satz 1 WEG geforderten Textform für die Einladung, Nichteinhaltung der grundsätzlich nach § 24 Abs. 4 Satz 2 WEG geltenden zweiwöchigen Einladungsfrist, Anberaumung der Eigentümerversammlung zu unangemessener Zeit oder an einen ungeeignetem Ort oder aber Einladung zu einer unmittelbar anschließenden Wiederholungsversammlung ohne Rücksicht auf die Anzahl der vertretenen Miteigentumsanteile, sofern die Erstversammlung aufgrund nicht mindestens der Hälfte der vertretenen Miteigentumsanteile beschlussunfähig ist

Hier finden Sie Einzelheiten zum Thema „Fehler bei der Einladung zur Eigentümerversammlung„.

  • Fehlende Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung, da die erschienenen Eigentümeroder deren Vertreter nicht mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile innehaben, § 25 Absatz 3 WEG
  • Anwesenheit von Außenstehenden in der Eigentümerversammlung, da diese generell nicht öffentlich ist und die Teilnahme von der Eigentümergemeinschaft außenstehenden Personen nur nach einem mehrheitlichen Beschluss zur Geschäftsordnung zulässig ist
  • Verstoß gegen das Stimmverbot eines Eigentümers, der nach § 26 Abs. 6 WEG insbesondere dann nicht stimmberechtigt ist, wenn es sich um den Abschluss eines Vertrages der Eigentümergemeinschaft mit ihm oder um einen Rechtsstreit der Eigentümergemeinschaft mit ihm handelt. Bietet also etwa ein Eigentümer über seinen Betrieb der Gemeinschaft Handwerkerleistungen an, darf er über die Auftragsvergabe an ihn nicht mitabstimmen. Das gilt ebenso, wenn beispielsweise ein Eigentümer die Erstattung eines von ihm verursachten Schaden am Gemeinschaftseigentum verweigert und die anderen Eigentümer darüber beschließen, ob gegen den Schädiger gerichtliche Hilfe bemüht werden soll
  • Beschlussfassung unter demTOP „Sonstiges“, da der Beschlussgegenstand in der Tagesordnung nicht hinreichend bezeichnet wurde
  • Verkennung der erforderlichen Mehrheiten, etwa einfache Mehrheit bei Instandsetzungsmaßnahmen, doppelt-qualifizierte Mehrheit bei Modernisierungsmaßnahmen (3/4 aller stimmberechtigten Eigentümer und mehr als die Hälfte aller Miteigentumsanteile) oder Zustimmung aller Betroffenen bei baulichen Veränderungen, § 22 WEG
  • Falsche Stimmauszählung, soweit die korrekte Auszählung zu einem anderen Beschluss führt

Gerade die Beschlussfähigkeit ist ein „heißes Eisen“. Diese muss bei jedem einzelnen zu fassenden Beschluss gegeben sein. Ein Beschluss ist also auch dann anfechtbar, wenn die Beschlussfähigkeit zwar zu Beginn der Eigentümerversammlung festgestellt wurde, aber bis zu der betreffenden Beschlussfassung so viele Eigentümer oder deren Vertreter die Versammlung verlassen haben, dass die Beschlussfähigkeit nicht mehr gegeben ist.

4. So sehen die häufigsten materiellen Beschlussfehler aus

Angesichts der großen Anzahl der möglichen materiellen Beschlussfehler können im Wesentlichen nur die häufigsten Fälle aufgeführt werden. Dazu gehören:

  • Kostenumlage nachfalschem Umlageschlüssel, etwa Anzahl der Wohnungen statt Miteigentumsanteile
  • Kostenumlage einer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme auf die Eigentümergemeinschaft, obwohl sich diese Maßnahme auf Sondereigentum erstreckt
  • Vergabe von Aufträgen, ohne dass zuvor drei Vergleichsangebote eingeholt wurden (zuletzt noch Landgericht (LG) Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.04.2017, Az.: 2-13 S 2/17); das LG Dortmund fordert die Einholung von drei Vergleichsangeboten ab einer Auftragshöhe von 5.000 Euro (Urteil vom 21.04.2015, Az.: 1 S 445/14)
  • Beschluss über eine „Renovierungsmaßnahme“, die weder eine Maßnahme der Instandhaltung oder Instandsetzung noch der Modernisierung ist
  • Bestellung eines neuen Verwalters oder Wiederbestellung des amtierenden Verwalters bei Änderung des Sachverhalts, ohne dass zuvor drei Vergleichsangeboteeingeholt wurden (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 01.04.2011, Az.: V ZR 96/10)
  • Bestellung eines Verwalters mit fehlender Eignung(etwa persönliche Ungeeignetheit wegen im Zusammenhang mit einer Verwaltertätigkeit begangenen Vermögensdelikten), da eine solche Bestellung gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt
  • Bestellung eines Verwalters, ohne in derselben Wohnungseigentümerversammlung die wesentlichen Eckdaten des Verwaltervertrags wie Laufzeit und Vergütung zu beschließen (BGH, Urteil vom 27.02.2015, Az.: V ZR 114/14), wobei zu diesen Eckdaten auch das Recht zur Führung von Aktivprozessen gehören dürfte (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 03.04.2017, Az.: 2-13 S 85/16)
  • Beschluss über einen Gegenstand, der bereits durch Vereinbarung aller Eigentümer geregelt ist, da hierzu regelmäßig eine neue Vereinbarung aller Eigentümer erforderlich ist
  • Beschluss über einen Gegenstand, der in der Teilungserklärung / Gemeinschaftsordnung geregelt ist

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