Fehlerhafte Beschlussdurchführung des Verwalters: Keine Haftung der WEG

Fehlerhafte Beschlussdurchführung des Verwalters: Keine Haftung der WEG

Nahezu jede Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt im Laufe der Zeit irgendwann, Sanierungsarbeiten an einen bestimmten Handwerker zu vergeben. Es ist dann regelmäßig Aufgabe des Verwalters, den Handwerker zu beauftragen und die Arbeiten zu kontrollieren. Dabei kann es passieren, dass der Handwerker die Arbeiten nicht vollständig leistet und – zudem – der Verwalter auf eine ordnungsgemäße Ausführung der Arbeiten nicht besteht. Hat dies für einen Wohnungseigentümer finanzielle Schäden zur Folge, stellt sich die Frage, wer dafür auf Schadensersatz haftet. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) das in einer jüngeren Entscheidung beurteilt hat, lesen Sie hier.

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1. Der entschiedene Fall: Fehlerhafte Beschlussdurchführung des Verwalters

Im Sondereigentum (Eigentumswohnung) einer Wohnungseigentümerin traten Feuchtigkeitsschäden auf. Daraufhin wurde in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft beschlossen, Sanierungsarbeiten im Gemeinschaftseigentum durchführen zu lassen. Die Feuchtigkeitsmängel im Sondereigentum waren jedoch auch noch nach Abschluss dernicht fachgerecht erbrachten Arbeiten vorhanden. Als sich in einer weiteren Eigentumswohnung ein Brand ereignete, bei dem auch die Wohnung im Erdgeschoss beschädigt wurde, beauftragte die Wohnungseigentümergemeinschaft ein Unternehmen mit der Beseitigung sämtlicher entstandener Schäden, also sowohl der Brand- als auch der Feuchtigkeitsschäden. Nachdem die Schadensbeseitigung erfolgt und die Arbeiten des Unternehmens durch die Wohnungseigentümergemeinschaft abgenommen waren, wies das Sondereigentum immer noch Feuchtigkeitsmängel auf. Die Wohnungseigentümerin holte daraufhin ein Privatgutachten ein, in dem die weiterhin vorhandene Feuchtigkeit dokumentiert wurde. Darüber informierte die Wohnungseigentümerin die Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft. Erst zwei Jahre später waren die Feuchtigkeitsschäden Gegenstand einer außerordentlichen Eigentümerversammlung. Da die Wohnungseigentümerin ihr Sondereigentum aufgrund der großflächigen Wanddurchfeuchtungen nicht vermieten konnte, verklagte sie die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Schadensersatz für die entgangene Miete sowie den Kosten für das Privatgutachten.

Der BGH wies die Klage ab. Die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen der Wohnungseigentümer träfe den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft. Pflichtverletzungen des Verwalters bei der Durchführung von Beschlüssen begründeten daher keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Eigentümergemeinschaft. Ein Wohnungseigentümer könne vom Verwalter verlangen, dass dieser seiner sich aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ergebenden Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen nachkomme. Vom Verwalter im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft mit Sanierungsarbeiten beauftragte Handwerker, Bauleiter oder Architekten seien keine Erfüllungsgehilfen der Eigentümergemeinschaft, die daher nicht für die von solchen Auftragnehmern schuldhaft am Sondereigentum verursachten Schäden hafte. Vielmehr haften die Handwerker, Bauleiter oder Architekten selber für die von ihnen schuldhaft verursachten Schäden. Denn diese Auftragnehmer hätten ihre Pflichten aus einem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (also aus dem Vertrag zwischen dem Auftragnehmer und der Wohnungseigentümergemeinschaft, der Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer entfacht) verletzt (BGH, Urteil vom 08.06.2018, Az.: V ZR 125/17).

Mit dieser Entscheidung haben die Karlsruher Richter ihre bisherige Rechtsprechung aufgegeben. Danach wurden Handwerker als Erfüllungsgehilfen der Wohnungseigentümer eingestuft, so dass die Eigentümer für die von Handwerkern an einem Sondereigentum verursachten Schäden haften mussten (so noch BGH, Urteile vom 25.09.2015, Az.: V ZR 246/14; vom 13.07.2012, Az.: V ZR 94/11). Die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung begründete das höchste deutsche Zivilgericht mit der Reform des WEG-Rechts im Jahr 2007, aufgrund der sich die frühere Rechtslage geändert habe.

2. Umsetzung von Beschlüssen ist Sache des Verwalters

Der BGH stellte im entschiedenen Fall klar, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zur Umsetzung von Beschlüssen verpflichtet ist. Vielmehr sei dies die Aufgabe des Verwalters, wie sich aus § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG ergebe. Denn nach dieser Vorschrift habe der Verwalter die Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen. Daher müsse er für die komplette Durchführungvon beschlossenen und vergebenen Sanierungsarbeiten sorgen, wenn diese zum Teil nicht erbracht wurden.

3. Im Außenverhältnis: Wohnungseigentümergemeinschaft muss für Schäden einstehen

Im Außenverhältnis gegenüber dritten Personenmuss die Wohnungseigentümergemeinschaft für schuldhaft pflichtwidriges organschaftliches Verhalten des Verwalters einstehen(BGH, Urteil vom 13.07.2012, Az.: V ZR 94/11). Grund dafür ist auch, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft im Außenverhältnis die Verträge im eigenen Namen abschließt, die für die Durchführung von Beschlüssen erforderlich sind. Daneben haftet der Verwalter.

4. Im Innenverhältnis: Wohnungseigentümergemeinschaft haftet nicht

Der BGH hat in seiner Entscheidung zur der Frage, inwieweit die Wohnungseigentümergemeinschaft im Innenverhältnis für Fehler des Verwalters haftet, ein Machtwort gesprochen. Die Karlsruher Richter machten deutlich, dass eine Haftung der Wohnungseigentümergemeinschaft im Innenverhältnis nicht mit der Kompetenzverteilung zu vereinbaren ist, die gesetzlich vorgegeben ist. Der Gesetzgeber habe die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft nicht in die Verwaltungdes Gemeinschaftseigentums einbinden wollen. Vielmehr sei gerade die Durchführung von Beschlüssen Sache des Verwalters. Es ergäbe sich aus §§ 20 ff. WEG keine eigene Pflicht der Wohnungseigentümergemeinschaft, an der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums mitzuwirken.

5. Verwalter haftet für schuldhafte fehlerhafte Beschlussdurchführung

Nach Ansicht des BGH muss der Verwalter Beschlüsse durchführen und ist daher gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG das Vollzugsorgan. Die Pflicht zur Beschlussdurchführung bestehe gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft und sei eine originäre Pflicht des Verwalters, die ihm auch nicht entzogen werden dürfe. Unterstützt werde der Verwalter dabei durch den Verwaltungsbeirat. Dieser habe aber weder eigene Entscheidungskompetenz noch eigene Durchführungspflichten.

Führe der Verwalter Beschlüsse nicht aus oder setze er Beschlüsse fehlerhaft oder unvollständig um, habe ein Wohnungseigentümer die Möglichkeit, den Verwaltungsbeirat einzuschalten. Der Beirat müsse dann auf den Verwalter einwirken. Darüber hinaus habe jeder Wohnungseigentümer das Recht, vom Verwalter die Durchführung von Beschlüssen zu verlangen. Diesen Individualanspruch könne der Eigentümer ggf. mittels Klage durchsetzen.

Führe der Verwalter Beschlüsse fehlerhaft aus und geschähe das schuldhaft, hafte der Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft.

6. Handwerker und sonstige Auftragnehmer haften für selber verursachte Schäden

Beauftragt der Handwerker, Bauleiter oder Architekten zur Durchführung einer beschlossenen Sanierung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft, sind diese Auftragnehmer im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern keine Erfüllungsgehilfender Eigentümergemeinschaft. Ein Erfüllungsgehilfe ist eine Person, deren sich der Schuldner zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient. Dabei hat der Schuldner ein Verschulden des Erfüllungsgehilfen (vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln oder Unterlassen) so zu vertreten wie eigenes Verschulden, § 278 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Handwerker, Bauleiter oder Architekten sind aber keine Erfüllungsgehilfen der Eigentümergemeinschaft, weil deren Beauftragung nicht Sache der Eigentümergemeinschaft, sondern Sache des Verwalters ist, der den Beschluss umsetzen muss.

Entstehen bei der Ausführung von Sanierungsarbeiten Schäden am Sondereigentum, hat der Verwalter Hinweisen darauf nachzugehen, eventuell Fachleute beizuziehen und sich insbesondere um eine Beseitigung der Schadensursache zu kümmern. Wurden die Schäden am Sondereigentum schuldhaft von den Auftragnehmern verursacht, haften diese gegenüber den Sondereigentümern. Denn nach Ansicht des BGH haben die Auftragnehmer hier Pflichten aus dem Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter verletzt, da der Vertrag zwischen dem Auftragnehmer und der Wohnungseigentümergemeinschaft auch den Schutz der Sondereigentümer bezwecke. Daher müssten die Auftragnehmer für die schuldhaft am Sondereigentum verursachten Schäden aufkommen. Aufgabe des Verwalters sei dabei, den geschädigten Sondereigentümer mit allen erforderlichen Informationen zu versorgen.

7. Übersicht: Die Auswirkungen der BGH-Entscheidung in der Praxis

In der Praxis hat die Entscheidung der Karlsruher Richter folgende Auswirkungen:

  • Der Verwalter – und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft – hat die Beschlüsse durchzuführen. Dabei trifft die Eigentümergemeinschaft im Innenverhältnis für eine fehlerhafte Beschlussdurchführung und für bei der Beschlussdurchführung verursachte Schäden keine Haftung
  • Die Durchführung von Beschlüssen muss unverzüglich und vollständig erfolgen. Hat der Verwalter die nicht rechtzeitige oder nicht ordnungsmäßige Beschlussdurchführung verschuldetund kommt es deswegen zu Schäden, trifft den Verwalter die Haftung. Der Geschädigte kann den Verwalter unmittelbar in Regress nehmen, ein Beschluss der Wohnungseigentümer ist dazu nicht erforderlich
  • Handwerker, Bauleiter oder Architekten sind keine Erfüllungsgehilfen der Wohnungseigentümergemeinschaft, obwohl diese die Auftraggeberin ist. Vielmehr schließt die Eigentümergemeinschaft mit solchen Auftragnehmern Verträge mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, also den Wohnungseigentümern. Verursachen die Auftragnehmer schuldhaft einen Schaden am Sondereigentum, haften sie dafür
  • Die Wohnungseigentümergemeinschaft haftet im Außenverhältnis gegenüber Dritten für schuldhaft pflichtwidriges Verhalten des Verwalters, dieser haftet ebenfalls

Beschließt die Eigentümerversammlung erst gar nicht die erforderliche Sanierung des gemeinschaftlichen Eigentums und erleidet deswegen ein Wohnungseigentümer einen Schaden, muss die Wohnungseigentümergemeinschaft in ihrer Gesamtheit ebenfalls keinen Regress leisten. Vielmehr kommen Schadensersatzansprüche nur gegen solche Eigentümer in Betracht, die die in der Eigentümerversammlung gegen die Sanierung gestimmt, sich enthalten oder schuldhaft die Abstimmung unterlassen haben (BGH, Urteil vom 17.10.2014, Az.: V ZR 9/14).



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