Jahresabrechnung bei WEG-Verwalterwechsel – Neue BGH-Entscheidung

Jahresabrechnung bei WEG-Verwalterwechsel – Neue BGH-Entscheidung

In einer neueren Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) dazu geäußert, ob bei einem Verwalterwechsel der alte oder neue WEG-Verwalter die Jahresabrechnung erstellen muss. Dabei hat das höchste deutsche Zivilgericht der bisher von vielen unteren Gerichten vertretenen Rechtsansicht eine klare Absage erteilt. Die Karlsruher Richter haben aber auch eine ungeklärte Rechtsfrage offen gelassen. Was der BGH im Einzelnen entschieden hat und ob nun der alte oder neue Verwalter bei einem Verwalterwechsel die Jahresabrechnung anzufertigen hat, erfahren Sie in diesem Artikel.

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1. Der entschiedene Fall: WEG-Verwalter wird im Januar abberufen

In einer Eigentümerversammlung, die am 21.01. stattfand, beschlossen die Wohnungseigentümer einer Eigentümergemeinschaft die sofortige Abberufung der Verwalterin sowie die Kündigung des Verwaltervertrags. Später bestellten die Eigentümer eine neue Verwalterin. Diese forderte Mitte des Jahres ihre Vorgängerin auf, die Jahresabrechnung für das vergangene Wirtschaftsjahr zu erstellen, welches mit dem Kalenderjahr identisch war. Die frühere Verwalterin lehnte das ab und reagierte auch nicht auf ein anwaltliches Aufforderungsschreiben. Daraufhin beauftragte die Wohnungseigentümergemeinschaft die neue Verwalterin mit der Abrechnungserstellung für das vergangene Wirtschaftsjahr, die dafür rund 800 Euro berechnete. Diesen Betrag zuzüglich Zinsen und außergerichtlichen Anwaltskosten verlangte die Eigentümergemeinschaft als Schadensersatz von der früheren Verwalterin.

Der BGH gab der Klage statt. Die Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung gemäß § 28 Abs. 3 WEG träfe den Verwalter, der im Zeitpunkt der Entstehung der Abrechnungspflicht Amtsinhaber sei. Scheide der Verwalter im Laufe des Wirtschaftsjahres aus seinem Amt aus, schulde er – vorbehaltlich einer abweichenden Vereinbarung – die Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr unabhängig davon, ob im Zeitpunkt seines Ausscheidens die Abrechnung bereits fällig war (BGH, Urteil vom 16.02.2018, Az.: V ZR 89/17).

2. BGH kippt Rechtsprechung von Gerichten der unteren Instanzen

Vorwegzuschicken ist, dass der BGH-Entscheidung folgende Sachverhalte zugrunde lagen:

  • Das Wirtschaftsjahr, über das die Jahresabrechnung erstellt werden muss, ist identisch mit dem Kalenderjahr
  • Es bestehen über die Frage, welcher Verwalter wann die Jahresabrechnung erstellen muss, keine Regelungen im Verwaltervertrag, der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung oder der Beschluss-Sammlung

Ist dies der Fall, sind sich Rechtsprechung und Rechtslehre darüber, dass ein neu bestellter Verwalter die Jahresabrechnungfür das laufende Wirtschaftsjahr zu erstellen hat.

Strittig ist jedoch die Frage, ob beim Eintritt eines neuen Verwalters der frühere oder der jetzige Verwalter die Abrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr erteilen muss.

2.1. Erste Rechtsansicht: Abgerechnet werden muss bei Entstehen der Abrechnungspflicht

Zum einen wird die Ansicht vertreten, dass bei einem Verwalterwechsel derjenige die Abrechnung zu erstellen hat, der bei Entstehung der Abrechnungspflicht als Verwalter bestellt ist. Wann konkret die Abrechnungspflicht entsteht, ist wiederum umstritten.

So soll einerseits die Abrechnungspflicht am 31.12. eines Wirtschaftsjahres entstehen. Das ergäbe sich aus dem Sinn und Zweck der Jahresabrechnung als Rechenschaftsbericht der WEG-Verwaltung. Danach müsste der Verwalter für das Wirtschaftsjahr die Abrechnung erstellen, auch wenn er am 31.12. ausscheidet. Andererseits wird mit dem Wortlaut des § 28 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). argumentiert. Danach sei die Abrechnung erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahres und damit ab dem 01.01.des folgenden Wirtschaftsjahres anzufertigen. Scheidet der Verwalter zum Jahresende aus, bräuchte er nach dieser Meinung für das ablaufende Wirtschaftsjahr nicht mehr die Abrechnung zu erteilen.

2.2. Zweite Rechtsansicht: Abgerechnet werden muss bei Fälligkeit der Abrechnung

Weit verbreitet vor allem in der Rechtsprechung ist die andere Ansicht, wonach die Fällig der Abrechnung für die Frage heranzuziehen ist, ob der frühere oder der jetzige Verwalter die Abrechnung erstellen muss. Die Fälligkeit der Abrechnung soll danach drei bis sechs Monate nach Ende des Wirtschaftsjahres entstehen. Scheidet der Verwalter innerhalb dieser Frist aus, muss er die Abrechnung machen. Scheidet er nach Ablauf der Frist aus, muss der neu bestellte Verwalter die Abrechnung erteilen.

Auch wir hatten uns in diesem Blog bisher dieser Rechtsansicht angeschlossen, siehe https://www.hausverwalter-angebote.de/blog/hausgeldabrechnung-nach-verwalterwechsel/#II-2

2.3. Das sagt der BGH

Die Karlsruher Richter haben der zweiten Rechtsansicht eine klare Absage erteilt. Die Fälligkeit der Abrechnung sei kein ausreichendes Abgrenzungskriterium, da sie keine Aussage darüber treffe, wer die Abrechnung schulde. Wer die Abrechnung zu erteilen habe, könne sich nur aus dem Entstehen der Leistungspflicht (Abrechnungspflicht) ergeben. Zudem sei das Kriterium der Fälligkeit auch praktisch unbrauchbar, da der konkrete Fälligkeitszeitpunkt unsicher und daher für die Eigentümer sowie den Verwalter nicht ohne weiteres feststellbar sei.

Die einmal entstandene Pflicht zur Erstellung der Jahresabrechnung bestehe auch bei einem Ausscheiden des Verwalters im folgenden Wirtschaftsjahr weiter. Sollten die Verwaltungsunterlagen bereits dem neu bestellten Verwalter übergeben worden sein, könne der ausgeschiedene Verwalter aufgrund seines Einsichtsrechtsdie Abrechnung erteilen. Eine zusätzliche Vergütung für die Abrechnungserstellung könne der ausgeschiedene Verwalter nicht fordern, da die Abrechnung zu den ihm nach § 28 Abs. 3 WEG gesetzlich zugewiesenen Aufgaben gehöre.

Im entschiedenen Fall war daher die ausgeschiedene Verwalterin zur Erstellung der Jahresabrechnung für das vergangene Wirtschaftsjahr verpflichtet, da sie in der Eigentümerversammlung vom 21.01. abberufen wurde. Der Schadensersatzanspruch der Eigentümergemeinschaft nach § 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB war infolgedessen begründet. 

3. Weiter ungeklärt: Wer muss die Abrechnung erstellen, wenn der Verwalter am 31.12. ausscheidet?

Da die Verwalterin am 21.01. abberufen wurde, konnte der BGH die Frage offen lassen, ob die Abrechnungspflicht am 31.12. oder erst am 01.01. entsteht. Scheidet also ein Verwalter am 31.12. aus und endet an diesem Tag auch das Wirtschaftsjahr, ist nach wie vor ungeklärt, ob der ausscheidende Verwalter oder der im folgenden Wirtschaftsjahr eintretende neue Verwalter die Abrechnung erstellen muss.

4. Übersicht: Die Auswirkungen der BGH-Entscheidung in der Praxis

Für die Praxis hat die Entscheidung der Karlsruher Richter folgende Auswirkungen: Vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen und bei einem mit dem Kalenderjahr identischen Wirtschaftsjahr muss der

  • neu bestellte Verwalter für das laufende Wirtschaftsjahrdie Jahresabrechnung erstellen
  • im laufenden Wirtschaftsjahr ausscheidende Verwalter die Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr erteilen

Ungeklärt ist weiterhin, ob der am 31.12. ausscheidende Verwalter für dieses Wirtschaftsjahr oder der im folgenden Wirtschaftsjahr neu bestellte Verwalter für das in diesem Fall dann abgelaufene Wirtschaftsjahr die Jahresabrechnung machen muss.

Streitigkeiten über die Frage, ob der frühere oder der neue Verwalter bei einem mit dem Kalenderjahr identischen Wirtschaftsjahr die Jahresabrechnung erstellen muss, wenn der frühere Verwalter am 31.12. ausscheidet, können vermieden werden. Kommt es zum Abschluss eines Vertrages mit einem neuen Verwalter, sollten die Wohnungseigentümer durch Beschluss festlegen, dass der Verwaltervertrag nur bei Aufnahme folgender Klausel in den Vertrag geschlossen  wird:

Bei einem Ausscheiden des Verwalters am 31.12. eines mit dem Kalenderjahr identischen Wirtschaftsjahres ist der im folgenden Wirtschaftsjahr neu bestellte Verwalter verpflichtet, für das dann abgelaufene Wirtschaftsjahr die Jahresabrechnung zu erstellen. In diesem Fall steht dem neu bestellten Verwalter keine zusätzliche Vergütung für die Erstellung der Jahresabrechnung für das abgelaufene Wirtschaftsjahr zu. 

Fallen Wirtschaftsjahr und Kalenderjahr auseinander, ist Klausel entsprechend anzupassen.



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