Eigentümergemeinschaft: Wie viele Kostenvoranschläge muss der Verwalter einholen?

Eigentümergemeinschaft: Wie viele Kostenvoranschläge muss der Verwalter einholen?

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft fallen stets zahlreiche Aufträge an, die Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen für das gemeinschaftliche Eigentum beinhalten. Kleinere Maßnahmen darf der Verwalter eigenverantwortlich veranlassen. Bei größeren Aufträgen müssen aber die Wohnungseigentümer die Vergabe zuvor beschließen, wobei regelmäßig der Verwalter mit der Einholung von Angeboten bzw. Kostenvoranschlägen beauftragt wird. Doch wann handelt es sich um „größere“ Aufträge und wie viele Kostenvoranschläge müssen vorliegen, damit die Auftragsvergabe ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht?  Die Antwort darauf und auf weitere Fragen bei der Einholung von Kostenvoranschlägen lesen Sie hier.

 

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1. Welche Aufträge der Verwalter eigenverantwortlich vergeben darf

Der Verwalter ist gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt und verpflichtet, Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Gemeinschaft führen, § 27 Abs. 1 Nr. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Die dafür erforderlichen Aufträge vergibt der Verwalter als Organ der Eigentümergemeinschaft, wozu ihm die notwendige Vertretungsmacht im Außenverhältnis durch § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG eingeräumt wird.

Zu den Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung gehören die Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums. Soweit der Verwalter zur eigenverantwortlichen Auftragsvergabe von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen berechtigt ist, umfasst das unter anderem laufende Wartungen und Reparaturen sowie gewöhnliche Instandsetzungen von geringem Umfang. Darüber hinaus kommt es für die Frage, welche Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung sind und zu keinen erheblichen finanziellen Verpflichtungen führen, entscheidend auf die Größe der Eigentümergemeinschaft und der Wohnanlage an.

Um Klarheit zu schaffen, bis zu welchem Auftragsvolumen Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen von untergeordneter Bedeutung sind und die Eigentümergemeinschaft nicht erheblich verpflichten, so dass der Verwalter diese Maßnahmen eigenverantwortlich und ohne vorherige Beschlussfassung der Wohnungseigentümer vergeben darf, enthalten die Verwalterverträge regelmäßig entsprechende Klauseln. Darin wird – unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls wie speziell die Größe der Wohnanlage – ein bestimmter jährlicher Geldbetrag(Budget) festgesetzt, den der Verwalter ohne vorherige Eigentümerversammlung für die Vergabe von Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen verwenden darf. Dabei entspricht die Einräumung eines solchen Budgets bis zu 2.000 Euro ordnungsgemäßer Verwaltung (Landgericht (LG) Dortmund, Beschluss vom 22.05.2015, Az.: 1 S 13/15). Bei größeren Eigentümergemeinschaften dürfte ein Budget zwischen 3.000 bis 5.000 Euro ebenfalls rechtens sein.

2. Größere Aufträge: Drei Kostenvoranschläge müssen der Eigentümerversammlung vorliegen

Damit die Kosten bei Instandhaltungen und Instandsetzungen für den einzelnen Wohnungseigentümer überschaubar bleiben und der Verwalter nicht eigenmächtig agiert, ist über die Vergabe von größeren Aufträgen in der Eigentümerversammlung zu beschließen. Dafür müssen den Eigentümern mindestens drei Angebote bzw. Kostenvoranschläge konkurrierender Anbieter vorliegen (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.04.2017, Az.: 2-13 S 2/17, LG München I, Urteil vom 06.07.2015, Az.: 1 S 12587/14 WEG, LG Karlsruhe, Beschluss vom 08.08.2013, Az.: 11 T 355/12). „Größere“ Aufträge bestehen ab einem Volumen von mehr als 3.000 Euro (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.04.2017, Az.: 2-13 S 2/17), im Dortmunder Raum bei einer Überschreitung von 5.000 Euro (LG Dortmund, Urteil vom 21.04.2015, Az.: 1 S 445/14).

Wohnungseigentümer haben einen weiten Ermessensspielraum, welche Aufträge sie vergeben und wen sie damit beauftragen. Diesen Ermessensspielraum können sie nur sachgerecht ausüben, wenn ihnen mindestens drei Alternativangebote bzw. Kostenvoranschläge vorliegen. Erst durch die Vorlage der verschiedenen Angebote kann den Eigentümern aufgezeigt werden, welche Unterschiede zwischen den Angeboten bestehen und woran sie bei rein rechnerischer Betrachtung mit den jeweiligen Angeboten sind. Zudem werden Schwächen in der Leistungsbeschreibung nur ersichtlich, wenn Alternativangebote vorhanden sind. Fehlt es an einer hinreichenden Anzahl an Alternativangeboten, erfolgt die Auswahlentscheidung auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage. Folge daraus ist, dass die Eigentümer ihren Beurteilungsspielraum überschreiten und der gefasste Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.04.2017, Az.: 2-13 S 2/17).

Wird also ein Beschluss über eine größere Auftragsvergabe gefasst und liegen nicht mindestens drei Alternativangebote bzw. Kostenvoranschläge vor, widerspricht die Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Beschlussfassung kann daher bereits aus diesem Grund erfolgreich angefochten werden.

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3. Wie die Eigentümer vor der Versammlung über die Kostenvoranschläge zu informieren sind

Die Alternativangebote müssen den Wohnungseigentümern vor der Versammlung übermittelt werden (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.04.2017, Az.: 2-13 S 2/17, LG München I, Urteil vom 06.07.2015, Az.: 1 S 12587/14 WEG). Zweckmäßig ist es, wenn die Angebote der Einladung zur Eigentümerversammlung beigefügt werden (vgl. AG Augsburg, Urteil vom 17.02.2016, Az.: 31 C 1980/15 WEG). Denn die Eigentümer müssen vor der Versammlung ausreichende Zeit haben, um sich mit den Angeboten befassen zu können.

Um dem Informationsbedürfnis der Wohnungseigentümer zu entsprechen, müssen die Alternativangebote aber nicht generell vollständig an alle Eigentümer übersendet werden. Im Einzelfall reicht die Übermittlung eines Preisspiegels aus. Speziell bei umfassenderen Sanierungsmaßnahmen und größeren Wohnungseigentumsanlagen bedeutet die komplette Zusendung von möglicherweise äußerst umfangreichen Sanierungsangeboten einen unverhältnismäßigen Aufwand. Interessierten Eigentümern ist es daher zuzumuten, sich durch Einsicht in die Verwaltungsunterlagen weiter zu informieren und etwaige ergänzende Fragen in der Eigentümerversammlung zu stellen (LG München I, Urteil vom 06.10.2014, Az.: 1 S 21342/13 WEG).

Es kommt vor, dass für die Auftragsvergabe auf eine bereits erfolgte Abstimmung zwischen Verwaltung und Verwaltungsbeirat Bezug genommen und den Eigentümern das Ergebnis dieser Besprechung als Beschlussempfehlung unterbreitet wird. Dann ist aber eine ordnungsgemäße Vorbereitung der Eigentümer nur dann gewährleistet, wenn bereits im Einladungsschreiben eine zumindest schematische Darstellung der Entscheidungsgrundlagen erfolgt. Fehlt es daran, genügt es nicht, dass die Eigentümer die Angebote auf der Eigentümerversammlung einsehen können. Vielmehr führt eine solche Vorgehensweise letztlich dazu, dass die Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer auf den Verwalter und die Verwaltungsbeiräte verlagert wird (AG Augsburg, Urteil vom 17.02.2016, Az.: 31 C 1980/15 WEG).

Liegen für die Vergabe von größeren Aufträgen drei Alternativangebote bzw. Kostenvoranschläge vor, müssen die Wohnungseigentümer diese auch so rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung erhalten, dass sie sich damit befassen können. Das gilt ebenso für einen Preisspiegel oder sonstige Unterlagen, woraus sich bei äußerst umfangreichen Angeboten oder im sonst begründeten Einzelfall eine Übersicht über die eingeholten Angebote ergibt. Fehlt es an der rechtzeitigen Übermittlung an die Eigentümer, ist bereits aus diesem Grund ein Beschluss über die Auftragsvergabe anfechtbar.

4. Einholung von Kostenvoranschlägen: Das sollten Eigentümer sonst noch wissen

Besonders wichtig ist, dass die Beschlusskompetenz über die Vergabe von größeren Aufträgen bei den Wohnungseigentümern verbleibt.

So entspricht es nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn Verwalter im Rahmen der Beschlussfassung verpflichtet wird, weitere Angebote einzuholen und den Auftrag an „günstigsten Anbieter“ zu vergeben. Zunächst ist unklar, war unter „günstig“ zu verstehen ist. Das kann zwar das preisgünstigste Angebot sein, möglicherweise ist aber auch etwas anderes gemeint. Darüber hinaus liegt eine unzulässige Übertragung von Befugnissen auf den Verwalter vor. Denn über die Auftragsvergabe ist grundsätzlich in der Eigentümerversammlung zu entscheiden. Damit die Eigentümer jedoch von ihrem Ermessensspielraum Gebrauch machen können, müssen bereits vor der Beschlussfassung mindestens drei Alternativangebote konkurrierender Anbieter vorliegen (LG München I, Urteil vom 06.07.2015, Az.: 1 S 12587/14 WEG).

Der Verwalter darf nicht eigenmächtig ohne Vorgaben der Eigentümer über die Vergabe von Sanierungsaufträgen entscheiden. Vielmehr hätten der Eigentümergemeinschaft vor der Beschlussfassung Kostenvoranschläge vorgelegt werden müssen (LG München I, Beschluss vom 28.06.2007, Az.: 1 T 2063/07). Auch in diesem Fall lag eine unzulässige Verlagerung der Beschlusskompetenz auf den Verwalter vor. Eine Ausnahme, nach der der Verwalter über die Vergabe eines größeren Auftrags entscheiden darf, ist lediglich dann gegeben, wenn die grundsätzlichen Ermessensentscheidungen in der Hand der Eigentümer verbleiben. Das ist etwa der Fall, in dem die Eigentümerversammlung über die maßgeblichen Eckpunkte einer Sanierung selbst entscheidet, so dass der Verwalter nur einen sehr eingeschränkten, genau umgrenzten Handlungsspielraum hat. Weiter erforderlich ist, dass die drohenden finanziellen Lasten für die Eigentümer vorhersehbar sind und der Umfang der Lasten von den Eigentümern selbst festgelegt wird (LG München I, Beschluss vom 10.11.2008, Az.: 1 T 4472/08).

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